Prozessdesign und Prozessmanagement macht doch sowieso die KI automatisch, oder?

Äh, nein.

Unter Geschäftsprozessdesign versteht man grob gesagt die Standardisierung alltäglicher Abläufe im Unternehmen, um das Unternehmensziel mit den gegebenen Ressourcen optimal zu erreichen. Hierzu werden das Ziel und dann die für das Erreichen dieses Zieles notwendigen Schritte definiert.

Man möchte dadurch zum Beispiel für einen Versandprozess die immer gleichbleibende Qualität sicherstellen. Und das bringt uns auch zum Thema KI.

KI und entsprechende Tools können sehr viel leisten in diesem Bereich. Sie kann auf Basis einer kurzen Beschreibung „erstelle einen Vertriebsprozess für ein Versicherungsunternehmen“ ein generisches Prozessdesign vorschlagen.

Aber kann damit wirklich auf die Eigenheiten des jeweiligen Unternehmens eingegangen werden?

Warum arbeiten dann nicht alle Unternehmen damit, mit dem Ergebnis, dass alle Versicherungsunternehmen gleich arbeiten?

Weil genau diese Unterschiede in den Prozessen den Unterschied beim Unternehmen ausmachen. Die KI kann nicht mit den einzelnen Prozessbeteiligten sprechen. Sie kann keine kreativen Ideen oder Vorschläge der Nutzer mit abbilden. Schon von den Nutzern festgetretene Abkürzungen einbeziehen? Fehlanzeige.

Und sie kann auch Prozesskennzahlen nicht unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten interpretieren. Ist eine First Pass Yield, also die Erstausbeute, die beschreibt, wie hoch der Prozentsatz der Teile ist, die im ersten Durchlauf fehlerfrei produziert werden mit 70% gut oder schlecht? 30% Ausschuss wären eigentlich nicht gut. Aber wie sieht die Firmenphilosophie aus? Vielleicht ist das ein low budget Artikel oder das Management nimmt das in Kauf und macht die fehlerhaft angekommenen Produkte mit anderweitigen Kompensationen wieder gut?

Künstliche Intelligenz wird zukünftig einen immer größer werdenden Beitrag bei Prozessdesign- und Optimierung einnehmen, zum Beispiel bei der Prozesssimulation oder dem Process Mining.

Aber es wird auf absehbarer Zeit ein Werkzeug bleiben, das zwar Arbeitsaufwand abnimmt, bzw. Zeitaufwand reduziert, wie zum Beispiel ein Formelassistent in Excel, aber keine kreative Arbeit.

Rüdiger Grimm, Dipl. Inf.